Zusammenfassung
Die Röhrenspinnen (Eresidae) sind eine Familie der Echten Webspinnen (Araneomorphae) und gehören dort zur Überfamilie Eresioidea. Die Familie umfasst insgesamt 92 Arten in 9 Gattungen (Stand: Mai 2016). In Mitteleuropa sind mehrere Vertreter der Gattung Eresus heimisch.
Merkmale
Die Röhrenspinnen sind kurzbeinig und haben einen gedrungenen Körperbau. Sie haben acht Augen, von denen vier an den Eckpunkten des Kopfbereichs ein Quadrat bilden. Die anderen bilden ein kleines Viereck in der Stirnmitte.
Europa
In Europa sind mehrere Arten der Gattung Eresus sowie die Arten Adonea fimbriata in Griechenland und Stegodyphus lineatus in Griechenland, Italien und auf der Iberischen Halbinsel verbreitet. Die Rote Röhrenspinne (Eresus kollari) weist viele Unterarten auf. 2008 wurden Eresus moravicus und Eresus sandaliatus ausgegliedert. Die Abtrennung weiterer Unterarten ist möglich. Die Rote Röhrenspinne bevorzugt in Mitteleuropa kontinentale Wärmeinseln oder südexponierte, sandige und unbewaldete Trockenlagen und ist häufiger, als bislang angenommen. Fundorte sind zum Beispiel Kyffhäuser, Lausitz, Lüneburger Heide.
Lebensweise
Die Angehörigen dieser Familie graben sich bis zu 10 cm tiefe Erdröhren von einem Zentimeter Durchmesser, die mit Seide austapeziert werden. Im Gegensatz zu den Tapezierspinnen (Atypidae) weben sie aber keinen Fangschlauch, sondern einen Trichter oft mit einem Schirm über dem Eingang ihrer Erdhöhle, der mit Fäden am Boden befestigt wird und in der sich die Beute verfängt. Durch die Erschütterungen wird das Tier in der Röhre alarmiert. Häufig werden Käfer in den Netzen gefunden, aber auch jagende Spinnen.
Fortpflanzung und Ausbreitungsstrategien
Die mitteleuropäischen Röhrenspinnen leben teilweise in Familienkolonien (Aggregation) in Erdröhren. Da die Anzahl der überlebenden Nachkommen je Gelege meist unter 80 liegt, sind sie auf eine sichere Verbreitungsart angewiesen und verbreiten sich zu Fuß in der Nähe des Mutternetzes. Das Weibchen der Roten Röhrenspinne wird nach drei Jahren geschlechtsreif und verlässt ihre Erdröhre bis zur Paarung nicht. Die adulten Männchen gehen auf Wanderschaft und suchen sich ein geschlechtsreifes Weibchen. Das Weibchen verpackt 80 Eier in einem linsenförmigen Kokon, der mit Beuteresten und Bodenteilchen getarnt wird und so eine geringere Albedo aufweist. Das 1 cm große Paket wird tagsüber in die Sonne getragen und abends zum Schutz vor der nächtlichen Kälte der gering bewachsenen Sandböden (Ausstrahlung) wieder in die Röhre. Die Jungtiere schlüpfen in der Höhle. Sie häuten sich dort mehrmals. In dieser Zeit stirbt das Muttertier und wird von den Nachkommen aufgefressen. Sie verlassen nach dem Tod der Mutter das Erdloch und breiten sich im Umkreis aus. Im Gegensatz dazu verbreitet sich die in Südeuropa vorkommende Eresus walckenaeri mit 800 bis 900 Nachkommen je Weibchen über das verlustreiche Ballooning. Die Jungtiere richten ihren Hinterleib in den Wind und produzieren einen Flugfaden, der sie mit dem Wind auch zu weit entfernten neuen Lebensräumen bringen kann. Dieses Verhalten kann mit einem Kaltluftföhn hervorgerufen werden. Es wird vermutet, dass Röhrenspinnen so entlegene Lebensräume wie Inseln (Ägäis) und Gebirge erreicht haben und sich dort wegen der Isolation auf einzelnen Inseln zu weiteren Arten differenzieren konnten.
Systematik
Der World Spider Catalog listet für die Röhrenspinnen aktuell 9 Gattungen und 92 Arten. (Stand: Mai 2016) - Adonea, 1873 – verbreitet im Mittelmeerraum - Adonea algerica, 2004) - Adonea fimbriata, 1873 - Dorceus, 1846 – verbreitet in Nordafrika - Dorceus albolunulatus, 1876) - Dorceus fastuosus, 1846 - Dorceus latifrons, 1873 - Dorceus quadrispilotus, 1908 - Dorceus trianguliceps, 1911 - Dresserus, 1876 – verbreitet in Afrika - Dresserus aethiopicus, 1909 - Dresserus angusticeps, 1904 - Dresserus armatus, 1901 - Dresserus bilineatus, 1910 - Dresserus collinus, 1900 - Dresserus colsoni, 1920 - Dresserus darlingi, 1900 - Dresserus elongatus, 1910 - Dresserus fontensis, 1928 - Dresserus fuscus, 1876 - Dresserus kannemeyeri, 1920 - Dresserus laticeps, 1904 - Dresserus murinus, 1927 - Dresserus namaquensis, 1908 - Dresserus nasivulvus, 1907 - Dresserus nigellus, 1920 - Dresserus obscurus, 1898 - Dresserus olivaceus, 1900 - Dresserus rostratus, 1908 - Dresserus schreineri, 1920 - Dresserus schultzei, 1908 - Dresserus sericatus, 1920 - Dresserus subarmatus, 1910 - Dresserus tripartitus, 1938 - Eresus, 1805 – verbreitet in Nordafrika, Europa, Zentralasien & China - Eresus albopictus, 1873 - Eresus bifasciatus, 1937 - Eresus crassitibialis, 1987 - Eresus granosus, 1895 - Eresus hermani, 2015 - Eresus kollari, 1846 - Eresus lavrosiae, 1997 - Eresus moravicus, 2008 - Eresus pharaonis, 1837 - Eresus robustus, 1918 - Eresus rotundiceps, 1873 - Eresus ruficapillus, 1846 - Eresus sandaliatus, 1778) - Eresus sedilloti, 1881 - Eresus solitarius, 1873 - Eresus walckenaeri, 1832 - Gandanameno, 1967 – verbreitet in Süd- & Ostafrika - Gandanameno echinata, 1908) - Gandanameno fumosa, 1837) - Gandanameno inornata, 1898) - Gandanameno purcelli, 1920) - Gandanameno spenceri, 1900) - Loureedia, 2012 - Loureedia annulipes, 1857) – verbreitet im Mittelmeerraum - Paradonea, 1968 – verbreitet in Südafrika, Botswana & Namibia - Paradonea parva, 1920) - Paradonea presleyi, 2012 - Paradonea splendens, 1936) - Paradonea striatipes, 1968 - Paradonea variegata, 1904) - Seothyra, 1903 – verbreitet in Südafrika, Botswana, Namibia & Angola - Seothyra annettae, 1991 - Seothyra barnardi, 1991 - Seothyra dorstlandica, 1991 - Seothyra fasciata, 1904 - Seothyra griffinae, 1991 - Seothyra henscheli, 1991 - Seothyra longipedata, 1991 - Seothyra louwi, 1991 - Seothyra neseri, 1991 - Seothyra perelegans, 1906 - Seothyra roshensis, 1991 - Seothyra schreineri, 1903 - Seothyra semicoccinea, 1906 - Stegodyphus, 1873 – verbreitet in Nordafrika, Eurasien & Brasilien - Stegodyphus africanus, 1866) - Stegodyphus bicolor, 1869) - Stegodyphus dufouri, 1826) - Stegodyphus dumicola, 1898 - Stegodyphus hildebrandti, 1878) - Stegodyphus hisarensis, 1992 - Stegodyphus lineatus, 1817) - Stegodyphus lineifrons, 1898 - Stegodyphus manaus, 1992 - Stegodyphus manicatus, 1876 - Stegodyphus mimosarum, 1883 - Stegodyphus mirandus, 1899 - Stegodyphus nathistmus, 1989 - Stegodyphus pacificus, 1900 - Stegodyphus sabulosus, 1910 - Stegodyphus sarasinorum, 1892 - Stegodyphus semadohensis, 2013 - Stegodyphus simplicifrons, 1906 - Stegodyphus tentoriicola, 1904 - Stegodyphus tibialis, 1869) - Stegodyphus tingelin, 1989